Matthias Lindermayr Quartett

 

 

 

Matthias Lindermayr Quartett

Sa. 11.01.14, 22:00 Uhr

I say, play your own way. Don't play what the public want - you play what you want and let the public pick up on what you doing - even if it does take them fifteen, twenty years... (Telonius Monk, 1959)

Trompete.
Gitarre.
Schlagzeug.
Bass.

Sehr viel konventioneller wird man eine Jazzformation kaum besetzen können. Und wenn dann die zugehörige Namensgebung auch noch derart pragmatisch ausfällt, wie im Falle des Matthias Lindermayr Quartetts, werden die vorschnellen Totengräber des Jazz ganz schnell hellhörig...und wechseln ungeprüft in den Klischee-Modus: Jazz as usual, akustisches Sedativ für Pensionäre mit Universitätsabschluss, Fahrstuhlbeschallung, Zitathölle...musikalisches Gestern, netter Versuch, Opa...
Falsch. Ganz falsch.
Wer MLQ hört, der versteht schnell, dass hier die Reduktion der Besetzung einer Konzentration der musikalischen Mittel gleichkommt, und versteht, dass man hier ganz ohne eitle Etikettierungen auskommt. MLQ beweisen nachdrücklich, dass es ihn noch gibt, den Jazz jenseits des akademischen Neotraditionalismus, jenseits des Songbook-Abonennements, jenseits von Verwaltung und Bestandssicherung. Und dass diese Form von Jazz blitzlebendig ist, wird bei MLQ unüberhörbar. Denn hier haben vier junge Musiker eine Sache grundlegend verstanden: Die Frage war nie, was Jazz eigentlich ist. Die Frage war zu allen Zeiten, was Jazz noch sein könnte.
Jazz, wie MLQ ihn versteht, ist der Soundtrack der Befreiung, eine musikalische Verneinung der Konventionen. Jazz als Offenbarungsmusik, die immer nach vorne geht...und zugleich immer über die Schulter blickt, auf das, was war. Denn wie in vielleicht keinem anderen musikalischen Großgenre liegen im Jazz Innovation und Tradition derart eng beieinander. MLQ spannen tragfähige Brücken quer über Genre- und Stilgrenzen hinweg. Und diese Brücken tragen.
Von Miles Davis legendärem Jazzrock-Entwurf „Bitches Brew“, über die kontrollierten Kollektivimprovisationen eines Sun Ra, die spielerische Intelligenz eines Bill Frisell, der expressiven Spiellust von „Can“ oder „Faust“, bis hin zur klanglichen Totalität eines Karlheinz Stockhausen reichen die Verweisungspfade. Doch bei allem Gespür für das Gute im Gestern bleibt die Musik von MLQ immer eines: Jazz für das Jetzt. Und der groovt so gewaltig, dass man unweigerlich an große Genre-Erneuerer wie Nils Petter Molvaer oder Eric Truffaz denken muss.
Der Beat treibt, der Klang lässt sich treiben, zwischen Postrock, Free Jazz, Avantgarde und Electronica.
Freies expressives Drumming trifft auf pumpende Basslinien, flirrende Gitarrenklänge, und das klare, lyrische Trompetenspiel von Bandleader Matthias Lindermayer, alles andere als ein Purist seines Instruments. Die klangliche Ausdruckspalette seiner Trompete versteht er durch den virtuosen Einsatz einer Vielzahl von Effektgeräten auf atemberaubende Weise zu erweitern - Effekte ohne Effekthascherei. Lindermayr zeigt einfach, Wah-Wah- oder Delay-Pedal für die Trompete die gleiche bahnbrechende Bedeutung haben können, wie sie es für E-Gitarre längst tun.
Von modal bis atonal entwerfen MLQ neue musikalische Räume, gebaut aus sphärischen Klangflächen, errichtet auf dem Fundament echten, dichten Zusammenspiels, individuell virtuos, kollektiv expressiv...das Ganze ist mehr als das Summen seiner Teile...
2012 wurden MLQ mit dem Biberacher Jazzpreis und 2013 mit dem Kurt Maas Jazz Award ausgezeichnet. Man wird noch viel hören von diesen Herren...

 

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